Eben, nach der erneuten Zinssenkung der EZB, ist der DAX auf 10000 Punkte gestiegen. Hält die Marke?
Endlich! Es gibt was zu feiern, liebe Aktienmarkt-Freunde! Der Dax wurde Anfang 1989 mit 1000 Punkten eingeführt. Jetzt, 25 Jahre später, gibt es die erste Null dazu!
Aber... angesichts dieser ungewohnten Höhen... und Tiefen (was die Zinsen anlangt!) ... fragen sich manche, ob es wirklich nur neue Nullen sind, die der Dax enthält. Fehlt da allmählich die Substanz? Schon zwei Stunden nach dem Blick über 10000 gab der Dax wieder knapp 100 Punkte und eine Stelle ab. Oh Schreck! Ist der Anstieg jetzt erstmal vorbei?
Vorweg zwei Banalitäten: Erste Banalität: Die 10000 Punkte sind egal. Sicher, als psychologische "Marke" mag diese Meldung den einen oder anderen Marktteilnehmer bewegen, wahrscheinlich aber genauso viele Käufer wie Verkäufer. Die Käufer mögen durch neuen Mut kaufen, die Verkäufer aus Angst oder wegen des Erreichens eines Zielwertes verkaufen... im Ergebnis dürfte sich nicht zu viel ändern. Wichtiger dürften die nun durch Draghi verstärkten Liquiditätsmaßnahmen sein. Das billigere Geld dürfte tendenziell auch auf den Aktienmarkt drängen und fragt nicht nach zufälligen, arithmetischen Marken.
Zweite Banalität: Der Dax setzt sich nicht nur aus Kursgewinnen, sondern auch aus einbehaltenen Dividenden zusammen. Außerdem kompensieren die abgebildeten Werte zu einem Gutteil die Inflation. Der reine inflationsbereinigte Kursanstieg des Dax fällt in den letzten 14 Jahren so gering aus, dass von Höhen gar keine Rede sein kann:
Im Gegenteil, die Wirtschaft in Deutschland ist fast jedes Jahr - wenn auch nur schwach - gewachsen und die Unternehmen haben in dieser Zeit über die Dividenden hinaus zusätzlich Gewinne thesauriert und im Durchschnitt weitere produktive Strukturen aufgebaut, die sich kaum im Kurs niedergeschlagen haben. Nochmal: Von Höhen kann keine Rede sein.
Und die Tiefen? Die sind allerdings vorhanden: Anleihen-Renditen, Leitzinsen, Baukredite. Alles dies ist nur noch knapp über Normal-Null. Und damit zu den interessanten Fakten: Die Bewertung der deutschen Aktienwerte, gemessen an einfachen Kennzahlen wie Kurs-Buchwert-Verhältnis, Kurs-Umsatz-Verhältnis und Kurs-Gewinn-Verhältnis ist inzwischen - nach meinen auf hunderten aktuellen Zahlen basierenden Berechnungen - nicht mehr niedrig. Niedrig war diese Bewertung zum Beispiel im Jahr 2009. Doch diese Zeiten sind nach angestiegenen Kursen vorbei, oder? Nur zum Teil. Denn eben aufgrund der niedrigen Anleihezinsen darf die Verzinsung für Aktien auch niedriger sein. Umgekehrt bedeutet dies: die Bewertung darf höher sein. Bezieht man diesen Rahmen mit ein, ist die Bewertung deutscher Aktien eindeutig nicht zu hoch.
Die Bewertung allein ist zwar kein Garant für steigende Kurse: Der Dax kann im Gegenteil jederzeit durch neu aufflammende Krisen abstürzen und auch mittelfristig durch eine - im Moment unwahrscheinliche - Zinswende fallen, aber diese Bewertung zeigt, dass nur weil der Dax jetzt punktemäßig neue Höhen erreicht hat - also rein von der Seite hochgenullter Indexstände aus betrachtet - mittelfristig kein Grund zur (Kauf-) Zurückhaltung besteht.
Also: Dass der Dax 10.000 Punkte erreichte, war genauso klar, wie es jetzt klar ist, dass er langfristig noch weiter steigt. Aber: Bis zur nächsten Null, die drangehängt wird, ist es noch eine lange Reise. Wir wissen, wo sie hingeht, aber nicht, welche verschlungene Wege sie nimmt.
Kommentare
bei einem Zins von 3,5 % verdoppelt sich Kapital alle 20 Jahre....
Bei einer Inflation von 3,5 % halbiert sich alle 20 Jahre die Kaufkraft...
Inflationsbereinigt lag der Dax 1994 so bei 2.000.....
Inkl. Inflation liegt der Dax 2014 so bei 10.000....
Er hat sich damit verfünffacht...!! (und nicht verdoppelt)
Bin ja kein Finanzgenie, aber die offiziell berichteten Inflationszahlen waren doch alle sehr, sehr gering und man schlittert ja geradezu so in eine Deflationsgefahr.....
1994 kostete der Liter Heizöl im übrigen unter 50 Pfennige = 25 Eurocent...
Die Schachtel Zigaretten lag glaube ich bei 4 DM = 2 Euro und enthielt je nach Marke mind. 19 Zigaretten (und nicht 17)....
Ich fuhr damals einen Golf II GTD und fand es bodenlos-unverschämt, dass man an der Zapfsäule einen Liter-Preis zahlen musste, den ich heute für mein Heizöl bezahle...
Ok, Oliven und Smartphones sind billiger geworden und die Laptops können heute mehr, aber davon verbrauche ich im Jahr nur eine sehr überschaubare Stückzahl...
Die mit 23 Jahren abgeschlossene Lebensversicherung prognostizierte noch eine Ablaufleistung von über 200.000 DM.... Als ich sie kündigte, wiesen die letzten 5 Jahresmitteilungen nur noch die Garantieleistung und einen feuchten Händedruck aus... (ich bekam sogar die "Bewertungsreserven" ausgezahlt und erhielt wesentlich mehr als ich eingezahlt hatte...)
Oh ja es sind spannende Zeiten !
In der übernächsten Generation werden neue Folgen von den "WALTONS" aufgenommen und ich werde Jimboy spielen...
Gute Nacht ELSSSEBETHHHH !!
PLING...!!!!!
Welche Güter gab es schon vor 2000 Jahren und werden auch zukünftig noch einen Wert haben ?
Alle jetzt... klar Edelmetalle...
Aber auch BROT, Brot hat den Vorteil nicht manipuliert zu werden und die Statistiken liegen für alle Zeiten vor. Der Preis setzt sich aus Material, Energie und Handwerkskunst zusammen (deckt also alle Alltagspreise ab...)
Mein Bruttogehalt entspricht ca. XXXX Broten...
Mein Nettogehalt entspricht ca. YYYY Broten...
Wenn ich noch in Lohn und BROT stehe (was für ein Kalauer...!), mich aber kurz vor der Rente befinde, werde ich argwöhnisch nachrechnen, ob ich noch immer YYYY Brote kaufen könnte (und zwar bei Bäcker um die Ecke...)
Vielleicht habe ich dann keine brotgeeigneten Zähne mehr, aber ich könnte wenn ich wollte...! Zur Not geht Lutschen...*grins
Eine sehr prägnanter und informativer Artikel. Vielen Dank
Andreas Vogt
Mal unabhängig davon, ob man die "offiziellen" mittlerweile gut geschönten Inflationsrate heranzieht oder nicht, was hat sie mit dem Dax zu tun ? Die Inflationsbereinigung im obigen Sinn macht nur Sinn, wenn alles "normal" in der Wirtschaft läuft, sprich, wenn die Kurse das tatsächliche Firmenwachstum oder deren "realistische" Entwicklungssaussichten repräsentieren. Davon sind wir weit entfernt. Seit Draghi die Schleusen aufgemacht hat, entfernt sich die Börse, damit die Kurse und auch der Dax zunehmend von der Realwirtschaft und ist zum Kasino geworden. Im volkswirtschaftlichen Slang heißt das "Asset Bubble". Dahingehend ist eine klass. Inflationsbereinigung nicht angemessen. Erstens ist die Inflationsrate wie oben beschrieben selbst weit weg von der Reflektion realistischer "Verbraucherpreise". Wenn man sich ihre Berechnung (teils mittels der völlig willkürlichen hedonischen Methode), die Komponentengewichtungen oder auch dauernde Veränderung der Zusammensetzung anschaut, kann sie nicht als objektiv und vergleichendes Maß herangezogen werden und ein jeder kann genügend Beispiele finden, wie sie an der Realität vorbei misst.
Zweitens deckt die Inflationsrate keine Asset Bubbles ab, weder im Immobilienbereich noch bei Aktien, Anleihen o.ä. Bei der Liquiditätsflutung ist es nunmal so, dass das Geld seinen Weg findet, entweder in erhöhte Verbraucherpreise und / oder Immobilienpreise und / oder andere Asset Bubbles (wie bei Aktien und Anleihen etc.). D.h. das Reinfließen von Liquidität in die einzelnen Asset-Bereiche (inkl. Verbraucherpreise) ist nur teilweise korreliert. Manchmal schießen Immobilien hoch, manchmal Aktien, manchmal Verbraucherpreise, manchmal alles parallel in unterschiedl. Stärke. Von daher ist eine Inflationsbereinigung der zur Zeit herrschenden hohen Aktienkurse nur bedingt aussagekräftig. Man müsste hier eher eine Kennzahlen a la KGV / KCF o.ä. im langen Durchschnitt heranziehen und damit dann die Kurse "bereinigen".